Bonuskapitel: »Hundetoilette«
Schleswig-Holstein ist schön. Nicht nur die Küste mit Nord- und Ostsee und die Inseln, allen voran Sylt. Nein, auch das Land zwischen den Meeren, zwischen Hamburg und der Küste hat seine Reize. Es ist das Land der Knicks, der Grünstreifen bestehend aus Sträuchern aller Art, die die Landschaft immer wieder unterbrechen und nicht nur der Erosion, die in den Monokulturen anderer Teile Deutschlands zu großen Problemen führt, entgegenwirken, sondern auch Zuflucht seltener Tier- und Pflanzenarten sind.
Ich habe noch nie in meinem Leben eine derart vielfältige Pflanzen- und Tierwelt gesehen, wie hier. Graureiher, Wildgänse, Störche, Eisvögel, Fischadler gehören ebenso hierher wie Biber, Otter, Kreuzottern, Igel und Maulwürfe. Sogar Nandus haben sich neben Nutrias hier eingebürgert.
Im Winter beobachte ich eine ganze Palette von Singvögeln an der Futterstelle. Der kleine Zaunkönig, das Rotkehlchen, Blaumeisen, sogar ein Buntspecht konkurrieren mit einem rotbraunen Eichhörnchen um die besten Körner.
Im Frühling schmückt sich Schleswig-Holstein gelb. Riesige Rapsfelder erstrecken sich über die liebliche Hügellandschaft. So stelle ich mir das Auenland vor. Ich schüttele meine Geldbörse beim ersten Ruf des Kuckucks, um für den Rest des Jahres flüssig zu bleiben, nur um ihn Wochen später zu verfluchen, denn egal, wo ich gehe und stehe, schreit der Kuckuck.
Zitronenfalter, Pfauenaugen, kleine Füchse und Admirale flattern im Sommer in den Blumenrabatten und im Herbst schmatzen Igel abends unterm Apfelbaum.
Im Sommer habe ich die Qual der Wahl, ob ich lieber in die kühlen Tiefen der vielen Seen der holsteinischen Schweiz oder die angenehme Brise der Ostsee abtauche. Ob ich mein Käffchen unter den Reichen und Schönen, oder denen, die sich dafür halten, in Timmendorf oder in den schattigen Gassen der Lübecker Altstadt trinke.
Das kleine Ahrensloe, meine neue Heimat, ist durchzogen von Grünflächen. Kleine Teiche beherbergen Frösche, die im Mai lauter quaken als die viel zu niedrig einfliegenden Flugzeuge vom Hamburger Flughafen. Begrünte Spielplätze inmitten einer lebendigen Natur sind hier nur wenige Schritte entfernt von jeder Haustür zu finden.
Umso verwunderter und irritierter bin ich angesichts des Verhaltens mancher Menschen.
Denn der Duft von Flieder, Veilchen und Jasmin wird, sobald die Sonne am Himmel erstrahlt, von üblen Gerüchen überlagert. Die Bauern fahren Gülle. So nach einer Woche mit fest verschlossenen Fenstern und der standhaften Weigerung das Haus zu verlassen, so sehr der blaue Himmel auch lockt, bzw. der Reaktivierung der FFP2-Maske, regnet es dann zum Glück und die Geruchsinvasion ist beendet. Sobald die Sonne sich wieder meldet, fährt der Bauer, der es ja auch gern nett hat, Gülle …
Ist das endlich glücklich überstanden, dürfen wir uns dank zunehmender Wärme über die nächste Geruchsattacke freuen. Denn nun werden die Gartenzäune und Wegesränder der herrlichen Grünflächen von kleinen, braunen Hügeln dekoriert. Und nein, es sind leider keine Maulwurfshügel.
So sehr ich mich auch über die tierlieben Ahrensloer freue, die hier neben vielen entzückenden Hunden leben, das ist nicht nett!
Leute, ihr habt irgendetwas falsch verstanden. Deshalb hier noch mal in aller Deutlichkeit:
Die Grünflächen unserer wunderschönen, kleinen Stadt sind ein Naherholungsgebiet für Mensch und Tier, für Spaziergänger und spielende Kinder. Sie sind keine überdimensionale Hundetoilette! Und es wär echt schön, wenn sie auch nicht so riechen würden.
Ich verstehe es nicht. Es ist ja nicht erst seit Corona so, wo möglicherweise viele Menschen nach der Erkrankung ihren Geruchssinn verloren haben oder zu erschöpft sind, sich zu bücken. Seit ich hier lebe, meide ich im Sommer Hohlwege, weil ich den Gestank der links und rechts des Weges liegenden Hundescheiße schlicht und ergreifend zum Kotzen finde.
Täglich höre ich Mütter auf dem Weg zum Kindergarten mit ihren kleinen Kindern schimpfen, weil sie nicht aufgepasst haben und schon wieder in eine mitten auf dem Weg liegende Tretmine gelatscht sind. Echt jetzt? Kinder können nicht unbeschwert fröhlich durch das Grüne hüpfen, weil faule, unerzogene Hundebesitzer ihren Scheiß nicht wegräumen?
Zum Glück sind das die Ausnahmen. Die meisten Hundebesitzer verhalten sich verantwortungsvoll. Ich mag Hunde. Aber ich mag auch fröhlich und unbeschwert hüpfende Kinder und entspannte Spaziergänge.
Für alle, die nicht wissen, wie das geht: Man nehme eine Tüte, die man idealerweise in allen Jackentaschen mit sich trägt oder am Hundehalsband befestigt. Dann greift man damit die Hinterlassenschaft seines felligen Schätzchens, knotet es zu und wirft es in die nächste Mülltonne. Es ist echt nicht schwer. Aber offenbar zu schwer für all diejenigen, denen ihr wunderschönes Schleswig-Holstein und seine Menschen nichts bedeutet.
Herzlichst
Ihre Lena Häuser, Caféinhaberin und Hobbyschnüffelnase.